Campus Architektur der 60er

Blütezeit für Architektur und Kunst im Saarland 

Campus Architektur der 60er

Blütezeit für Architektur und Kunst im Saarland 

Die 1950er und 1960er Jahre waren eine wahre Blütezeit für moderne Architektur und Kunst am Bau im Saarland. Dies gilt in besonderer Weise für die noch junge, doch schnell anwachsende Universität des Saarlandes im Aufbruch nach Europa. Auch die Mensa ist aus diesem Geist entstanden. Viele dieser besonderen Einzelbauten stehen wie auch die Mensa unter Denkmalschutz.

Die Kulturpolitik Frankreichs hatte Städtebau und Bildungswesen sowie Kunst und Kultur im französisch verwalteten Saargebiet (1947-1955) stark mitgeprägt. Die erste Ausbauphase der Universität des Saarlandes, die zunächst als Dependance der französischen Universität in Nancy gegründet wurde, bildet unter dem französischen Rektor Joseph-François Angelloz (zwischen 1950 bis 1956), mit der Gründung des Europa-Instituts 1951 zugleich den Grundstein für ihre binationale und europäische Ausrichtung. 

Architekt Richard Döcker, der übrigens der Lehrer von Walter Schrempf war, hatte 1952 mit einem städtebaulichen Gesamtentwurf um ein Forum herum auf dem Gelände südlich der ehemaligen Below-Kaserne einen städtebaulichen Entwurf für den Saarbrücker Campus gewonnen. Hochkarätige Einzelbauten namhafter deutscher und französischer Architekten entstanden so unter Einbeziehung von Künstlern zur Ausgestaltung im Saarbrücker Stadtwald. Viele darunter stehen heute unter Denkmalschutz und sind sanierungsbedürftig.


Bildungs- und andere öffentliche Bauten aus dieser Zeit waren geprägt von der ‚Klassischen Moderne‘, die sich stark am Bauhaus orientierte — funktional, reduziert, günstig, sozial, demokratisch und formtreu. Skelettbauten aus Stahlbeton mit einer kubischen, geometrischen Formensprache und die Verwendung des vielfältig einsetzbaren Baustoffs Beton charakteristieren diese Bauten. Diesem Schema folgt auch der Bibliotheksbau von Architekt und Städteplaner Richard Döcker (1952-1954), die Philosophische Fakultät von André Remondet (1953-1954), der Erweiterungsbau der Naturwissenschaftlichen Fakultät (1957-1960) und auch die Mensa (1965-1970), beide von Architekt Walter Schrempf entworfen. 

Herausgeber: Ministerium für Umwelt, Energie und Verkehr – Landesdenkmalamt. Ausgabe: 2011, Preis 19,00 EUR, ISBN 978-3-927856-14-1. Das Buch stellt in der Art eines Kompendiums 158 Objekte vor, die als Auswahl einen Überblick über Architektur und Städtebau im Saarland der Nachkriegszeit erlauben. Inhalte u.a. ‚Universität des Saarlandes‘ S. 26-27, Auditorium Maximum der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät S. 28, Universitätsbibliothek S. 29,  Naturwissenschaftliche Fakultät S. 38, Hörsaal Biologische Institute S. 31, Philosophische Fakultät S. 39, Mensa S. 

Es sind genau diese Bauten, die bis heute Kunst am Bau auf besondere Weise verkörpern und integriert haben. Dies ist kein Zufall. Zum einen war damals Kunst am Bau Teil des öffentlich geförderten Bau- und Bildungsauftrags an öffentlichen Gebäuden. Zum anderen waren vielseitige und zum Teil bahnbrechende Künstler an der Werkkunstschule Saarbrücken tätig, die 1952-1959 von Otto Steinert, dem Begründer der Subjektiven Fotografie, geleitet wurde. Künstler wie Wolfram Huschens, Boris Kleint, Herbert Strässer und Max Metz prägen bis heute diese Einzelbauten. So war der Architekt der Mensa Walter Schrempf 1957/58 Mitbegründer des Deutschen Werkbund Saar und auch Leiter der Klasse für Raumgestaltung an der Werkkunstschule und sehr gut befreundet mit den Professoreren Robert Sessler (Graphik) und Peter Raake (Industriedesign).

Die Mensa bricht jedoch aus der Sparte ‚Kunst am Bau‘ insofern heraus, als dass hier eine fast symbiotische Einheit von Architektur und Kunst erreicht wurde. Architekt und Bildhauer schufen gemeinsam ein Gesamtkunstwerk, in dem Bau und Kunst fast unsichtbar miteinander verschmelzen. 

Auch hat die Mensa sowohl funktional als auch skulptural starke Anlehnung am sogenannten ‚Brutalismus‘ (béton brut) nach Vorbild Le Corbusiers (1887-1965), einem Meister der strukturellen und formgebenden Verwendung von Beton, der als Baustoff bis in die 1980er Jahre hinein gern für Bildungsbauten und sozialen Wohnungsbau verwendet wurde.

Diese kunst- und bauhistorisch sowie bautechnisch wohl vielfältigste Zeit der Nachkriegsarchitektur im Saarland lässt sich bis Mitte der 70er Jahre am Saarbrücker und Homburger Campus der Universität wiederentdecken.

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