Der Künstler Otto Herbert Hajek

Maler, Bildhauer, Grafiker  (1927-2005) 

Der Künstler Otto Herbert Hajek

Maler, Bildhauer, Grafiker  (1927-2005) 

Otto Herbert Hajek wurde 1927 in Kaltenbach im heutigen Tschechien geboren. Er studierte Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart (1947–1954) und war von 1980 bis 1992 Professor für Bildhauerei in Karlsruhe. Als Vorsitzender des Deutschen Künstlerbundes setzte er sich in den 1970er Jahren insbesondere für die Förderung von KünstlerInnen ein. Er erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Ehrenwürden, darunter 1982 das Bundesverdienstkreuz.

Er wurde international bekannt durch seine Ausstellungen auf der documenta in Kassel (1959 und 1964) sowie u.a. in der Engelsburg in Rom mit 350 Skulpturen, Bildern und ‚Stadtikonographien‘ (1981). Seine Plastiken — frühe abstrakte Objekte aus Bronze, später dann überwiegend farbige, geometrische Skulpturen aus Stahl und Beton, seine skulpturalen Platzgestaltungen im öffentlichen Raum sowie seine Innenraum- und Fassadengestaltungen an Gebäuden finden sich u.a. in Berlin, Moskau, Adelaide und den Museen des Vatikans.

Hajeks Ausgestaltung der Mensa der Universität des Saarlandes (1966-1970) war der Durchbruch für sein architekturbezogenes Kunstschaffen im öffentlichen Raum. Sein diesbezüglicher Nachlass und sein Fotoarchiv liegen im Südwestdeutschen Archiv für Architektur und Ingenieurbau (saai).

Die in dieser WebApp verwendeten Zeichnungen Hajeks wurden mit freundlicher Genehmigung des saai abgebildet.

Zur Vorgeschichte der Mensa

Otto Herbert Hajeks begehbare Plastik ‚Frankfurter Frühling‘ auf der documenta III in Kassel war 1964 der Auslöser für seinen Auftrag zur Ausgestaltung der Mensa. Architekt Walter Schrempf, der ein Jahr zuvor den Wettbewerb für die Mensa gewonnen hatte, gefielen Hajeks großartige Raumideen. So ging er nach der documenta zu Hajeks Atelier nach Stuttgart mit einer Rolle großer Baupläne für die Mensa unter dem Arm. Der Architekt bat den Künstler um einen Entwurf zur Raumgliederung des Speisesaals und der Sonnenblenden an der Fassade der Mensa.

… es gab keine Vorgabe. Ich hatte die Pläne zu studieren …
für die Aufgabe in Saarbrücken mußte ich die Funktion einbeziehen und lernen, mich in einer anderen Sprache auszudrücken, der des Raumgestalters, Architekturbildners … Zitat Hajek als Raumgestalter

Ein halbes Jahr später kam Hajek mit dem fertigen Mensamodell nach Saarbrücken. Aus Holz und weiß gestrichen, 1,20 m x 1,20 m groß genau im Maßstab 1:50. Das Modell hatte ein abnehmbares Dach inklusive der zwei Lichtschächte oben und der Kassettendecke des Speisesaals, die dem Künstler als grundlegende Orientierung für die Anordnung seiner Raumskulpturen dienten. Auch die Hauptträger für die großen Raumskulpturen im Speisesaal waren im Modell bereits angelegt -einschließlich der fertig ausgestalteten Fassade.

Das Modell wurde der Baukommission und dem Hochbaureferat des Bauministeriums am 16.12.1965 vorgestellt und am 17.2.1966 einstimmig angenommen.

Raumskulpturen und Reliefs

Hajek kam ab 1966 mehrmals im Jahr nach Saarbrücken zur Baustelle und wohnte bei Familie Schrempf, wo er immer wieder mit dem Architekten Rücksprache hielt. Obgleich er alles vorgezeichnet hatte und im Modell arrangiert hatte, musste er über vier Jahre hinweg immer wieder persönlich vor Ort mit dem damaligen Bauleiter Wolfgang Ernst sein, der für die Umsetzung von Hajeks Arbeit im Speisesaal zuständig war, um mit den Handwerkern zusammen seine Entwürfe umzusetzen.

Es war jedesmal ein Fest, wenn Hajek zur Baustelle kam! Mitarbeiter des Architekturbüros.

So erinnern sich die ehemaligen Mitarbeiter des Architekturbüros. Die Herausforderungen waren zahlreich:

Die Tragekonstruktion musste von der Kassettendecke herabhängend aus Leichtbeton gemacht werden, und der Statiker hatte das immer zu überprüfen. An ihr wurden dann die großen geometrischen Raumskulpturen aus Holz befestigt, die von einem Schreiner nach genauen Plänen Hajeks angefertigt, bemalt und dann vor Ort eingepasst wurden. Die beiden fest eingebauten, farblosen, senkrechten Betonstelen mussten von Hand holzverschalt werden, das eingebaute, horizontal oberhalb und entlang der Essensausgabe entlanglaufende Band aus Wandrelief auf einer Strecke von fast 60 Metern:

Ein Spiel mit erhabenen und versenkten, geometrischen Formen in Folge, eine Serie von Reliefs, teils quadratisch ein- und abgegrenzt von der sie umgebenden Wand umrahmt, mit freilaufenden, friesartigen und spannungsgeladenen Pfeilelementen, sowie Teilelementen ausgestanzt und als ‚Negativ‘ nebenan gespiegelt.

Um den Raum auch horizontal zu gliedern, baute Hajek drei Trennwandreliefs als Raumteiler ein, die durch die Fenster hindurch nach außen ragen. Sie verbinden so Innen mit Außen und gestalten die Fassade mit.

Farbwege Zitat Hajek

  • Farbwege gehen über Städte und machen die Stadt dem Menschen als artifizielle Einheit bewußt.
  • Farbwege konfrontieren den Menschen mit seiner Umwelt.
  • Farbwege bringen Abwesendes zur Anwesenheit.
  • Farbwege bringen Kunst auf den Weg.
  • Farbwege sind Nuklearformen.
  • Farbwege sind eine urbanistische Idee.
  • Farbwege sind eine räumliche Disziplin.
  • Farbwege erklären Entfernungen, sind Erinnerungsmaß und räumliche Orientierung.
  • Farbwege stiften einen Horizont in dem eine Begegnung mit Gegenständen möglich wird.
  • Farbwege erklären Zonen verschiedener Bedeutsamkeit
  • Farbwege sind Störmale und Ausfallbahnen.
  • Farbwege gehen auch über Vorhandenes.
  • Farbwege sind begehbare Plastik.
  • Farbwege zielen auf den Menschen ganz.
  • Farbwege geben ein politisches Bewußtsein.
  • Farbwege stellen die Frage nach dem Bewußtsein.
  • Farbwege erklären den militärischen Luftraum zum Kunstraum.
  • Farbwege sind auch die Kondensstreifen, die die Sonnen einfangen.
  • Farbwege erklären den Mond.
  • Farbwege sind Stadtkunst.

O. H. Hajek

IAK Publikation mit mehreren Artikeln zur Mensa 'Kunst im öffentlichen Raum Saarland Universität des Saarlandes 1945 bis 1999 Campus Saarbrücken, Campus Homburg', Reihe Öffentlicher Raum, Herausgeber Jo Enzweiler, Verlag Saarbrücken, St. Johann GmbH; ISBN 3-928596-34-9

Hajek ließ seine ‚Farbwege‘ über die Kassettendecke im Speisesaal und über die auch von innen her sichtbaren Sonnenblenden und zinnenartigen Vorsprünge der Fassade laufen, und brachte sie in seiner Betonskulptur des ‚Rosengartens‘ auf dem Vorplatz der Mensa zum Blühen.

 

 

 

 

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